Das Match um "Fit mit Philipp" war längst schon abgepfiffen. Es ging seit bald zwei Wochen nur noch um einen gesichtwahrenden Abgang für jenen Mann, der seinen Platz im ORF nicht allein mit sportlichen Tipps für Heinz-Christian Strache (FPÖ) errungen hat. Philipp Jelinek, beliebter Vorturner der Nation seit der türkis-blauen Koalition, verlässt den Küniglberg. Chats mit Strache aus dessen kurzen Regierungsjahren haben Jelinek seinen ORF-Vertrag und die erst danach eigene Sendung gekostet. Donnerstagabend gab der ORF die einvernehmliche Trennung von Jelinek bekannt.
"Wichtig, dich darüber zu informieren"
Jelinek drängte Strache und anderen Freiheitlichen in Chats aus den Jahren 2018 und 2019 "wichtige Infos" aus dem ORF geradezu auf und lieferte sie laut seinen Nachrichten auch in persönlichen Gesprächen. Jelinek war im ORF als "Personal Trainer von Strache" bekannt (was Strache und Jelinek verneinen). Er hatte zunächst eine Rubrik "Fit mit Philipp" in "Guten Morgen Österreich", die wiederum zur ORF-Generaldirektion ressortierte.
Jelinek schrieb Strache etwa im März 2018, meist mit Smileys versehen (Schreibweise nach Original):
"Wahnsinn, den Schwarzen noch ORF 2 zu überlassen"
Er habe ein gutes Netzwerk aufgebaut, schreibt Jelinek Strache damals, er nennt den damaligen "Guten Morgen"-Chef Roland Brunhofer, dem er auch einen Info-Termin beim Vizekanzler vermitteln will, und den Büroleiter des damaligen ORF-Generals Alexander Wrabetz, Michael Wimmer. Der sollte sich wohl im Auftrag von Wrabetz um den FPÖ-Kontaktmann kümmern.
Brunhofer hatte sich als Unterhaltungschef beworben, Wrabetz vergab den ausgeschriebenen Job schließlich doch nicht und überantwortete die Funktion interimistisch dem damaligen ORF-2-Chef Alexander Hofer. Jelinek damals an Strache:
"Weichen für mich stellen"
In einer Vielzahl seiner nun bekanntgewordenen Nachrichten an den damaligen Vizekanzler, Sportminister und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache geht es Jelinek um den eigenen Job im ORF. Etwa: "Lieber Heinz, der Kuchen im ORF wird jetzt verteilt... wir müssen ganz dringend die Weichen für mich stellen!" Er dankt für die Unterstützung von Strache und anderen Freiheitlichen, dass er einen unbefristeten ORF-Vertrag bekommt, "finanziell nachgebessert". Er berichtet, wie er als Moderator für "Guten Morgen Österreich" getestet wurde und wie gut das etwa Brunhofer gefunden habe. Ende Mai 2018 schreibt Strache dann in einem medienpolitischen Chatverteiler von Führungskräften und ORF-Mandataren:
Aus diesem Moderationjob wird schließlich nichts, aber Jelinek bekommt im ersten Lockdown 2020, da regiert die ÖVP schon mit den Grünen, seine eigene Sendung "Fit mit Philipp".
Jelinek schrieb Strache Ende 2018, als ORF-General Alexander Wrabetz Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz und die "Krone" mit einer eigenen "Lebensretter"-Gala im ORF-Hauptabendprogramm umgarnte:
Ende Jänner 2019 schreibt Jelinek noch von einem Info-Termin mit Straches Kabinettsmitarbeiter: "Servus Heinz bin heute bei Philipp Trattner… nur zur Sicherheit… da kann ich eh offen reden!! LG Philipp"
Nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos im Mai 2019 hält Jelinek seinem blauen ORF-Mentor die Treue über die erste Reaktion hinaus: "Lieber Heinz, für mich bleibst Du der den ich kenne… ein leiwander Bursch."
Lang im Abgang
Als Jelinek am vergangenen Wochenende sein Entschuldigungsvideo auf Instagram postete, in dem er einen "Fehler" einräumt, wusste er bereits, dass der ORF sich von ihm trennen will. Die Chats lieferten dafür arbeitsrechtliche Gründe, hatte er schon aus der Generaldirektion erfahren, wo auch der Personalchef angesiedelt ist. Nach STANDARD-Informationen bot der ORF Jelinek die Möglichkeit, das Haus gesichtswahrend "auf eigenen Wunsch" zu verlassen. Das zog sich offenbar über die vergangenen fast zwei Wochen, in denen nur noch Wiederholungen von "Fit mit Philipp" liefen.
Jelinek versuchte mit dem Insta-Video offenbar noch zu planieren, freilich mit einer eigenwilligen Argumentation: 20 Jahre lang habe er sich immer wieder beim ORF für Castings beworben und mit hunderten Leuten gesprochen und um Hilfe gebeten, so auch Strache. "Hätte ich damals schon den Werner Kogler, den Sebastian Kurz oder die Pamela Rendi-Wagner gekannt, hätte ich die natürlich auch gefragt."
Am Donnerstag wurde via Aussendung bekanntgegeben, dass der ORF und Jelinek die Zusammenarbeit im Einvernehmen beenden, der Vertrag werde mit Ende April 2024 aufgelöst.
Am Montag startet mit "Fit mit den Stars" ein neues ORF-Fitnessformat, immer werktags um 9.10 Uhr in ORF 2. Im Wochenrhythmus wird es jeweils von einem anderen Promi als Vorturner moderiert. Den Auftakt macht "Dancing Star" und Profitänzerin Conny Kreuter. Die ehemaligen Spitzensportler Armin Assinger, Andreas Goldberger und Hans Knauß sollen ebenfalls "Fit mit den Stars"-Vorturner werden.
In den Jahrzehnten vor seiner Landung im ORF mit blauem Rückenwind anno 2018 hatte Jelinek unter anderem Babybadewannen produziert und in einer Bar gearbeitet. 2023 waren im Schnitt 138.000 Zuseherinnen und Zuseher bei "Fit mit Philipp" dabei, der Marktanteil für Jelineks Sendung lag damit bei durchschnittlich 32 Prozent.
ORF-Satiriker Peter Klien nahm den Ball in "Gute Nacht Österreich" auf und bewarb sich mit einem Fitnessvideo beim nunmehrigen Sportminister Werner Kogler (Grüne). (fid mit Philipp, 11.4.2024)